Tag 4 - Wolken, Burgen, Sandstein
Tag 4 - Wolken, Burgen, Sandstein
Sonntag, 17. Juni 2012
Sonntagmorgen. Aufbruchstimmung.
Vladimir ist ein Organisationstalent. Neben finanzstarken Sponsoren, massenweise Genehmigungen, spektakulären Gästen, über 200 freiwilligen Helfern, tanzenden Schönheiten und, und, und hatte er sogar noch eine bequeme Unterkunft für uns organisiert.
Während ich unser Schlachtroß sattele, macht meine Lieblingsurlaubsbekanntschaft was? Sie fotografiert Flugzeuge.
Und enthüllt nebenbei noch Geheimnisse. So einfach ist also ein Kunstflugprogramm.
Bei größeren Flugzeugen ist es manchmal gar nicht so einfach, den Prop vorm Anlassen durchzudrehen.
Mal schauen, wie unserem ROTAX der tschechische Sprit schmeckt.
Wir warten noch ein wenig mit dem Start. Um diese Formation abzulichten. Ein Abschiedgruß der Gäste an Vladimir Handlik und seine Mannen.
Auch wir werden herzlich verabschiedet.
Wir schwingen uns in die Lüfte. Nur noch der Zaun erinnert daran, daß hier gestern Volksfest war. Herzlichen Dank und auf Wiedersehen!
Vor uns liegt der zweite Teil unserer Sommerreise. Das Wetter läßt uns alle Möglichkeiten offen. Nach Süden? Nach Norden?
Wir wollten die Entscheidung dem Wetter überlassen. Ob es die südböhmische Schlösser- und Burgentour werden würde oder eher eine sächsische Freundebesuchstour. Nun hatten aber alle Wettervorhersagen ein Unentschieden ergeben. Also mußten wir selbst entscheiden. Die LCIC (Lieblingscopilotin in command) hatte dann entschieden: wir rücken unseren Freunden auf die Pelle! Also nordwärts.
Nicht, daß dort nicht auch Burgen zu besichtigen wären. Das hier ist die Burg Bezděz (Bösig). Auf Grund ihrer recht unzugänglichen Lage ist diese Burg aus dem 13. Jahrhundert im Laufe der Jahrhunderte nur wenig umgebaut worden. Und damit (auch weil sie vergleichsweise selten erobert wurde) ist sie ziemlich gut erhalten. Liegt schon romantisch in der Gegend, dieses Gemäuer.
In der Nacht war ein Regengebiet durch die Gegend gezogen. Die Feuchtigkeit und die heutige Sonne haben sich zusammengetan. Das gibt zum einen diese netten Wölkchen. Und zum anderen spürbares Geschaukel. Also steigen wir ein wenig höher. Unschöner Nebeneffekt: Česká Lípa kann sich vor uns verstecken.
Noch haben wir mehr Löcher als Wolken, so daß uns wenig später doch ein Foto dieser Stadt gelingt. Der historische Stadtkern ist aus dieser Höhe nur zu erahnen.
Ich mag die Schattenspiele der Wolken ...
Urlaubsstimmung.
Der nächste Orientierungspunkt nähert sich von links. Die Elbe. Entlang des Flusses ist Děčín die letzte größere Stadt auf tschechischem Gebiet. Wir bedanken uns bei Prag Information und rufen auf 125.8 München. Und ein wenig tiefer darf es jetzt auch sein.
Über dem Elbsandsteingebirge, die Einheimischen bezeichnen dieses Gebiet auch liebevoll als die "Schweiz", besteht ganzjährig ein Vogelschutzgebiet. Kein Problem, wir sind deutlich darüber.
Ein Meer in der Kreidezeit, bzw. der in dieses Meer gespülte Sand ist die Grundlage dieser malerischen Kletterfelsen. Jede dieser Felswände hat einen Namen und einen oder mehrere Kletterwege. Und ein Gipfelbuch.
Für den einen sind es nur Steine. Für den anderen das (Kletter)-Paradies.
Dieser Ort an der Elbe heißt Königstein. Und wenn der Ort schon so heißt ...
.. kann die gleichnamige Festung nicht weit sein. Neben dem bekannten Kinderlied gibt es unzählige Geschichten und Anekdoten über diese Burg. Zum Beispiel, daß August der Starke im 18. Jahrhundert unbedingt mit dem großen Königsteiner Weinfass ins Guinnes-Buch der Rekorde kommen wollte.
Aber eigentlich war die Festung vor allem ein Gefängnis. Neben dem Porzellanerfinder Böttger und August Bebel war hier zum Beispiel auch der Schriftsteller Frank Wedekind eingesperrt.
Die Stadt Wehlen ist für Wanderfreunde bekannt als Aussteigestation aus Eisenbahn oder Dampfer. Auf dem Weg zur Bastei oder der Felsenbühne Rathen. Die Dampfer jedenfalls sind heute unterwegs.
Am Funk sind wir schon eine ganze Weile nicht mehr allein. Aber was es mit dem Rufzeichen "Lufthansa" auf sich hat, merken wir erst, als wir die Maschine sehen.
Während wir mit 130-140 km/h durch die Lüfte wandern, ist die Junkers deutlich schneller unterwegs. Am Funk hören wir aber, daß wir uns später noch einmal begegnen werden. Erstmal suchen wir den Pflichtmeldepunkt "Tango". Das ist er nicht.
"Tango" ist wirklich leicht zu finden. Hellblau gestrichen, mitten im Fluß. Wir fliegen in die Kontrollzone. Und ich, als Pilot genieße auf meiner Seite das Panorama von Elbflorenz.
Ich geb ja zu, der Canalettoblick ist es nicht. Aber den fängt meine Lieblingsfotografin bestimmt beim Weiterflug dann ein. Dann sitzt sie ja auf der Schokoladenmädchenseite.
Wir gönnen der Ju ihre Runde über die Stadt. Trotzdem ist sie im Anflug vor uns. Kein Problem, wir sind Nummer 2!
Delta-Mike-Bravo-Golf-Delta: Endanflug. PAPI sagt mit zwei-grün-zwei-rot daß wir genau richtig sind. Eine Verkehrsmaschine scharrt am Rollhalt mit den Füßen, aber unsere Anfluggeschwindigkeit ist nun einmal 100km/h. Dafür sind wir dann blitzschnell wieder runter von der Piste.
Wir begeben uns in die Obhut von Herrn "Follow Me".
Und rollen vorbei am sonntäglichen Betrieb auf dem Flughafen.
Die Passagiere der Junkers steigen bereits aus. Wir rollen noch weiter. Bis ans westlichste Ende des Flughafens.
Wir werden professionell eingewiesen. Ein erhebendes Gefühl, wir haben ein "richtiges" Flugzeug.
Unser Reisegefährt wird verzurrt und bekommt seine Nachtmütze. Und wir stürzen uns ins Gewimmel der BRN.
Die "Bunte Republik Neustadt" wurde kurz nach der Wende als mehr oder weniger ernst gemeintes Staatsgebilde in der Dresdener Neustadt gegründet. So richtig mit Paß und eigenem Geld. Später entwickelte sich unter diesem Namen ein großes Stadt(teil)fest mit zehntausenden Besuchern. Nachdem es eine Zeitlang immer wieder Randale gegeben hatte, war es einige Jahre mit Ordnungshüterpräsenz und Negativschlagzeilen verbunden. Glücklicherweise ist das inzwischen Vergangenheit.
Heute ist es ein ausgelassenes, kunterbuntes Stadtfest.
Mit teilweise nicht ungefährlichen Sonderangeboten.
Wir stürzen uns ins Getümmel. Zu Pizza und Hugo. Bier und Zuckerwatte. Flohmarkt und Galerie. Sommer und Sonntag.